Donnerstag, 30. April 2015

Atheismus ist kein Glauben


„Er war ein gläubiger Atheist. Er glaubte fest: Es gibt keinen Gott.“
(Stefan Fleischer, 1938, Rentner, vorher Organisator einer Großbank,
Sachlicher dagegen das Knaurs Herkunftswörterbuch: „Atheismus – Verneinung der Existenz Gottes“.

Der intelligente Mensch weiß um die Grenzen allen Wissens, der Gläubige reißt diese Grenzen mühelos ein. – Und versteht dabei nicht einmal den Inhalt dieses Satzes.
Aber das ist das Geheimnis des Glaubens, des Nichtverstehens, des Nichtwissens.

Wie sollte es „gläubige Atheisten“ geben, also Menschen, die glauben, es gäbe keinen Gott? Hier spielt doch schon die religiös voreingenommene Sprache verrückt. Etwas nicht Existentes werde Fakt, indem ich es bezweifele?
Wie könnte man gegen „nichts“ (= Gott) sein?
Oder, indem ich nicht an siebenköpfige Drachen „glaube“, existieren sie bereits? Denn ich spreche ja darüber?

Den wirklich religionsfreien Menschen kümmert überhaupt kein Gott, aber er wird penetrant konfrontiert durch Gläubige, die mit einer dummdreisten Sendungsarroganz das öffentliche Leben missbrauchen und für das religiöse Chaos der Welt sorgen.

Fehlerfreiheit eines Vortrages bedeutet beispielsweise unumwunden „frei von Fehlern“.
Religionsfreiheit mutiert in religiösen Vorstellungen nicht etwa zu „frei von Religion“, sondern zu einer Fülle unterschiedlichster, gleichgearteter Religionen, weg von Logik und Kausalität.
„Gott“ ist das Sammelsurium regionaler Hirngespinste, die sich in der Flucht aus dem Wissen über die Realität einig sind, hervorgegangen aus den gemeinsamen Nöten aller Menschen, verwurzelt in der Sterblichkeit.
Aus solcher Zwangslage erwachsen religiöse Lehren, jede vorwiegend im Besitz der einen und einzigen Wahrheit, die geradezu zwangsläufig mit „erschlagenden Argumenten“ die Andersdenkenden vorzeitig in das Jenseits der ewigen Erleuchtung oder der verdienten Höllenqualen befördern.

„Atheismus“ ist überhaupt keine solche oder ähnliche Lehre. Die Freiheit des Menschen von Religion verfügt über keinerlei nennenswerte Organisation und steht deshalb gegenüber all den Ideologien auf ziemlich verlorenem Posten, nicht zuletzt, weil sich einige religionsabtrünnige, aber ebenso totalitäre Doktrinen gerne „atheistisch“ nennen, ohne überhaupt zu begreifen, wie sie ihre grausame Lächerlichkeit dadurch untermauern.

Ein prophetischer Sonderling lud ein, seine singenden und tanzenden Aktien zu bewundern und anzubeten. Nach und nach folgten ihm viele, die wenigen im gar nicht interessierten Abseits Verharrenden verspottete er als gläubige Skeptiker. Sic.
Er erklärte seinen Glauben zur Staatsräson, zur verbindlichen Moral und Ethik und führte bald „Kreuzzüge“ um die Vorherrschaft gegen die jeweiligen Propheten der ewigen selbstleuchtenden Religionen von mysteriösen Bergen, Seen, Flüssen, von respektablen Bäumen, Wäldern, von verehrten Kühen, angehimmelten Sternen, halluzinierten Geistern, Dämonen, Engeln, Teufeln, von korrupten Götterscharen, Zwitterwesen, Heiligen, von Jungfrau- und Wiedergeburten bis hin zu dem auf einen einzigen Gottesbegriff verdichteten Wahn, der sich allein schon durch die provinzielle Diversität selbst widerlegt und modischen Epochen unterliegt, fernab jeglicher Unendlichkeit und ewiger Präsenz.

Der religionsfreie Mensch hingegen begnügt sich mit der einen bescheidenen, aber zurechnungsfähigen Existenz des Denkens auf der Basis objektiver Gesetzmäßigkeit und einfühlsamer Mitmenschlichkeit.
Beide Grundlagen würdigen Lebens vermag Religion in ihrer abgehobenen Konsequenz nicht zu erbringen. Global wirkt sie fatalistisch entzweiend und friedensunfähig.   



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